Film des Monats: Oktober 1998
Interpretation und Weitergabe der mündlich überlieferten klassischen Hindu-Musik erfordern ein hohes Maß an stimmlicher Kunstfertigkeit, geistiger Erfassung und emotionalem Ausdruck. Mit Konzentration, Disziplin und Hingabe imitiert die schöne und erfolgreiche Sängerin Pallavi die Meisterschaft ihrer Mutter. Durch ihren Tod stürzt die Tochter und Schülerin in eine tiefe persönliche und künstlerische Krise: Sie verliert ihre Stimme und muß sich aus dem Konzertleben zurückziehen. Ihr Ehemann, eine ihrer Schülerinnen und ein Musikkritiker können ihr auch nicht helfen. Auf der Suche nach Gründen für den Verlust ihrer Stimme stößt die Sängerin auf das mit bezaubernder Anmut singende Mädchen Tara, Begleiterin und Schülerin eines weisen alten Mannes. In ihm erkennt Pallavi den Meister ihrer Mutter wieder, der sich aus der Welt zurückgezogen hat und verstummt ist. Der Prozeß der Ablösung von der Mutter eröffnet ihr nicht nur den Weg zur Selbstfindung, sondern auch neue künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten; sie entdeckt, daß ihre Stimme nicht zur Musik gezwungen werden kann, sondern sich von den Tönen und Melodien finden lassen muß.
Dance of the Wind ist ein meditativer Film, der sich in einem langsamen Rhythmus aus Bildern und Tönen entfaltet. Kameraeinstellungen und Musik vermitteln eine innere Ruhe, aber auch die Hinwendung zu einer geistig-seelischen Kraft, die der Suchbewegung der Protagonistin entsprechen. Poetische Bilder wie die vom Tanz des Windes in den Blättern verweisen darauf, wie die Heldin sich einer Musik öffnet, die als Gabe der Götter gilt. Rajan Khosas Film lädt zu einem vertieften Verständnis der Musik ein, wie sie uns in der alten Hindukultur begegnet. Deren Einheit von Klang und Weisheit vermag auch die Moderne in ihrer inneren Zerissenheit zum Nachdenken über sich selbst zu bewegen.
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